Bei Sehestedt sind gleich zwei Naturschätze zu finden:
Außendeichsmoor
Salzwiesen

Außendeichsmoor

Ein Wald vor dem Deich – einmalig in ganz Europa
Foto Maria Röbbelen

Wenn man bei Sehestedt auf dem Deich steht, sieht man ein Wäldchen. Ein Wald vor dem Deich …? Es ist tatsächlich nicht nur im gesamten Wattenmeer, sondern in ganz Europa einmalig.

Außendeichsmoor bei Sturmflut
Foto J. Schwanke

Bäume vertragen kein Salz – wir wissen das von den Diskussionen um Streusalz im Winter. Vor dem Deich spülen Sturmfluten bei Hochwasser salziges Meerwasser auf die Flächen. Und trotzdem gibt es bei Sehestedt ein Wäldchen.

Torf ist leichter als Wasser. Deshalb schwimmt Torf.

Die Erklärung ist einfach, aber höchst erstaunlich: Die Bäume werden bei Sturmflut mitsamt dem Boden, auf dem sie stehen, angehoben. So schwimmen sie auf dem salzigen Meerwasser, und die Wurzeln kommen nicht in Kontakt mit dem für sie giftigen Salz. Möglich ist dies, weil hier ein Moor mit seinen Torfböden den Untergrund bildet. Torf ist deutlich leichter als Wasser und schwimmt deshalb auf. „Schwimmendes Moor“ wird das Sehestedter Außendeichsmoor deshalb auch im Volksmund genannt. Eine Sturmflut muss allerdings mindestens 1,60 Meter über dem mittleren Tidehochwasser auflaufen, damit das Meer den Torfboden anhebt.

Torfblöcke, die bei Sturmflut abgerissen und weggespült wurden.
Foto J. Schwanke

Vor der Abbruchkante des Moores hat sich ein Gewässer gebildet.
Foto Bärbel Supper

Das heutige Sehestedter Außendeichsmoor und die Moorböden binnendeichs sind der kleine Rest einer Moorlandschaft, die bis ins Mittelalter die Landschaft prägte. Damals war fast der gesamte heutige Jadebusen ein riesiges Hochmoor. Seit dem 13. Jahrhundert haben heftige Sturmfluten das Moor weitgehend zerstört und nach und nach den Jadebusen geschaffen. 

Der Deich wurde im 18. Jahrhundert mitten durch ein Moor gebaut – das war damals eine technische Herausforderung. Während die Deiche im umliegenden Marschland bereits 1594 vom Süden und 1643 vom Norden an das Moor heranreichten, wurde der Deich zwischen Schweiburg und Seefeld erst 1725 geschlossen. 

Die Tage des Naturschatzes „Schwimmendes Moor“ sind leider gezählt. Mit jeder starken Sturmflut reißen große Stücke des Moorbodens ab. Sie werden dann an anderer Stelle wieder angeschwemmt. So wird das Moor nach und nach immer kleiner. Von den 17 Hektar, die 1933 unter Schutz gestellt wurden, sind heute noch etwa 10 Hektar übrig. Prognosen, das Moor werde bis 2020 verschwunden sein, haben sich allerdings nicht bewahrheitet. Neuere Schätzungen gehen von einer Lebenserwartung bis 2060 aus.

Ein Steg führt zu einer Beobachtungsstation.
Foto J. Schwanke 

Blick von der Beobachtungsstation
Foto Bärbel Supper

Ein Steg führt durch das Wäldchen bis ans Wasser. Von einer Vogelbeobachtungshütte aus hat man einen Blick auf eine Wasser- und Salzwiesenfläche.

Salzwiesen

Fast bis zum Deich reichte das Meerwasser bei der Sturmflut im Jahr 2013.
Foto J. Schwanke

Zu Recht gewarnt
Foto J. Schwanke

Auf dem asphaltierten Weg vom Deich zum Campingplatz läuft man etwa 500 Meter durch Salzwiesen. Hier wachsen Pflanzen, die man im Binnenland vergeblich suchen würde. Sie müssen es ertragen können, immer wieder von salzigem Meerwasser überspült zu werden. 

Links und rechts des Weges und auf dem Salzwiesenpfad in der Nähe des Ufers kann man typische Salzwiesenarten entdecken.

Frühjahr

Rundblick im zeitigen Frühjahr

Strandgrasnelke
Fotos Maria Röbbelen

Löffelkraut
Foto Maria Röbbelen

Queller ist eine einjährige Pflanze, die im Frühjahr aus Samen wächst.
Foto Maria Röbbelen

Ab Ende Juni lassen sich Rinder die würzigen Salzwiesenpflanzen schmecken.
Foto Maria Röbbelen

Sommer

Der Queller ist bis zum Sommer zu einer verzweigten Pflanze herangewachsen.
Foto Maria Röbbelen

Strandwermut kann man auch ohne Blüten an den silbrigen Blättern erkennen. Zerreibt man Blätter, riecht es würzig.
Foto Maria Röbbelen 

Strandastern blühen Juli bis September.
Foto Maria Röbbelen 

August bis September blüht der Strandflieder.
Foto Maria Röbbelen

Nicht nur Bäume, auch Salzwiesen zeigen Herbstfärbung, hier ist der Queller rot gefärbt.
Foto Maria Röbbelen 

Herbst

Eine Sturmflut im Frühjahr 2020 hinterließ eine dicke Schlammschicht.
Foto Maria Röbbelen 

Winter

Herbst und Winter ist die Zeit der Sturmfluten. Werden die Wiesen vor dem Deich überflutet, bringt das Meerwasser nicht nur Salz, sondern auch feine Schwebeteilchen, die zu Boden sinken, bevor das Wasser wieder abfließt. Dieser Schlamm ist reich an organischem Material, das den Pflanzen als Dünger dient. Gleichzeitig führt er dazu, dass die Salzwiese immer mehr in die Höhe wächst.

Die Sturmflut hat auch reichlich Gras mitgebracht.
Foto Maria Röbbelen

An Zäunen und am Boden sind Grashalme hängen geblieben, die das Meerwasser mitbrachte. Daran kann man erkennen, dass das Hochwasser bis an den Deichfuß gereicht hat.

Als einjährige Pflanze ist der Queller im Winter abgestorben.
Foto J. Schwanke

Vögel

Feldlerche
Fotos Brigitte Hüttenmeister

Zahlreiche Vogelarten finden hier Brutgebiete und Nahrung während ihrer Rast auf dem Vogelzug. Von Mitte April bis Ende Juli kann man Feldlerchen singen hören. In steilem Flug steigen sie nach oben und schweben singend wieder zu Boden. Dieser Singflug des Männchens kann drei bis 15 Minuten dauern. Damit grenzt er sein Revier ab und signalisiert seinen Artgenossen, dass sie sich fernhalten sollen.

Am Boden sind Feldlerchen eher unscheinbar. So sind sie als Bodenbrüter gut getarnt. Sie sind ein ganzes Stück größer als ein Spatz.

Lerchen brauchen offene Flächen mit niedriger Vegetation, die auch gerne lückig sein darf. Sie sind oft das ganze Jahr hier, nur in strengen Wintern weichen sie nach Süden aus.

Auch viele andere Vögel lieben die Salzwiesen, es lohnt sich, genauer zu gucken:

Rotschenkel
Foto Maria Röbbelen

Der Rotschenkel sitzt gerne auf den Zaunpfählen längs des Weges. Die Beine sind rot, der Schnabel bis auf eine schwarze Spitze ebenfalls. Verwechseln könnte man ihn nur mit einem jungen Dunklen Wasserläufer, der auch rote Beine hat. Da die Rotschenkel sehr ruffreudig sind, kann man sie auch daran erkennen: TjühTjüh rufen sie. Das hat ihnen den Namen „Tüter“ eingebracht.

Austernfischer

Mindestens so viel Spektakel macht der Austernfischer.

Mit seinem schwarz-weißen Gefieder, roten Beinen, Schnabel und einem roten Ring um die Augen ist er leicht zu erkennen. Mit 40–45 Zentimetern ist er fast so groß wie eine Krähe.

Als Zugvogel verlässt der Austernfischer das Wattenmeer im August/September. Dann kann man oft große Schwärme beobachten. Sie fliegen bis zur Iberischen Halbinsel, um den Winter zu verbringen. Schon Ende Januar kommen die ersten Austernfischer zurück, spätestens im April müssen sie einen Nistplatz finden. Mitte April beginnt die Brutzeit. Salzwiesen sind sehr beliebt, da der Weg zu den Nahrungsgebieten im Watt nicht weit ist. Man findet aber auch Austernfischer, die auf Flachdächern brüten.

Schafstelze
Foto Brigitte Hüttenmeister

Wenig scheu sind die schlanken, gelben Vögel, die mit wippendem Schwanz über den Weg laufen. Es sind Schafstelzen.

Nonnengänse (mit weißem Gesicht) und Ringelgänse (mit Ring am Hals) rasten auf den Salzwiesen bei Sehestedt.
Foto J. Schwanke

Zeitraffer

Vogelzug

Im Spätsommer erscheinen die ersten Zugvögel aus ihren Brutgebieten in Nordskandinavien und Sibirien. Nachdem sie sich neue Energiereserven angefuttert haben, fliegen die meisten Arten weiter nach Süden.

Viele Zugvögel fliegen in großen Schwärmen.
Foto J. Schwanke

Ein besonderes Schauspiel ist es, wenn sich die Vögel in großen Schwärmen formieren. In einer großen Gruppe sind sie vor Greifvögeln sicherer, als wenn sie einzeln fliegen würden.