Blick auf den Bohlenweg, der über Wattflächen führt.
Foto J.Schwanke

Wer gerne spazieren geht, findet im Langwarder Groden die Gelegenheit, auf gut fünf Kilometern befestigten Wegen fernab von Straßenverkehr durch die Natur zu laufen. Salzwiesen mit unterschiedlichem Pflanzenbewuchs, Wattflächen bei Ebbe und bei Flut und Weiden können aus nächster Nähe entdeckt werden. Ein Bohlenweg sorgt dafür, dass man auch bei Hochwasser über die Flächen laufen kann.

Zeitraffer von ablaufenden Wasser

Zeitraffer von ablaufenden Wasser

Entstehungsgeschichte und Dynamik

Auch der Weg wird bei Sturmfluten überspült.
Foto J. Schwanke

Der Langwarder Groden ist wegen seiner Artenvielfalt, seiner Beobachtungsmöglichkeiten und seiner touristischen Bedeutung etwas Besonderes. Spannend ist dieses Gebiet vor allem deshalb, weil es hier gelungen ist, der Natur etwas zurückzugeben. Um den Verlust von Natur durch den Bau des Jade-Weser-Ports auszugleichen, hat man hier Grünland in vielfältige Lebensräume umgewandelt. 1933 war hier ein zusätzlicher Deich gebaut worden, um die damals vorhandenen Salzwiesen intensiver nutzen zu können. 2013 wurde dieser Sommerdeich auf einer Länge von 900 Metern wieder entfernt. Durch Abtrag eines Teils der Erde entstanden schlickige Bereiche, die bei jeder Flut überspült werden und höhere Bereiche, die nur bei Springflut nass werden. Bei Sturmfluten können alle Wiesen überflutet werden. Die unterschiedliche Überflutungshäufigkeit ließ verschiedene Lebensgemeinschaften entstehen.

Luftbild aus dem Jahr 2013
Foto Nationalparkverwaltung 

Bis 2012 wurden die Wiesen zwischen Hauptdeich und Sommerdeich landwirtschaftlich genutzt. Da die Flächen seit den 1930er Jahren nicht mehr in Kontakt mit salzigem Meerwasser gekommen sind, sahen die Flächen aus wie die Wiesen und Weiden binnendeichs.

Mit der neuen Gestaltung und Modellierung des Langwarder Grodens ist die Entwicklung noch lange nicht abgeschlossen. Viele, die den Langwarder Groden wiederholt besucht haben, sind fasziniert von der Entwicklung, die man hier beobachten kann. Die Strömung des Wassers formt die Wattflächen mit ihren Prielen nach eigenen Gesetzmäßigkeiten. Neue Priele sind entstanden, während an manchen Stellen Sediment abgetragen wird, lagert es sich an anderen Stellen wieder an.

Steg aus der Luft – das Foto entstand 2015 kurz nach der Fertigstellung. Die Entwässerungsgräben sind vom Menschen geschaffen und deshalb gerade gezogen.
Foto Nationalparkverwaltung 

Fünf Jahre später – 2020 – zeigen die Gräben bereits geschwungenen Verlauf. Sie „mändrieren“, so  nennt man diese Abfolgen von Kurven.
Foto Nationalparkverwaltung 

2015
Foto Nationalparkverwaltung

Der gleiche Blickwinkel 2020
Foto Nationalparkverwaltung

Nicht nur aus der Luft, auch vom Bohlenweg aus kann man die Veränderungen wahrnehmen. Dazu gehört, dass sich Queller und Schlickgras auf den Schlickflächen angesiedelt haben.

Bis Anfang der 1930er Jahre befanden sich vor dem Hauptdeich Salzwiesen im Langwarder Groden. 1933 wurden 1.000 arbeitslose Männer zum Arbeitsdienst eingezogen, um diese Salzwiesen mit Schaufeln und Schubkarren einzudeichen. Der neue Deich galt als Sommerdeich, sollte also nur im Sommer Hochwasser durch Sturmflut von den Wiesen und Weiden abhalten. 

Dieser neue Deich wurde aber so hoch gebaut, dass er selbst die Jahrhunderthochwässer während der Sturmfluten 1962 und 1976 abhalten konnte. Die nun vor Meerwasser geschützten ehemaligen Salzwiesen süßten immer mehr aus, das heißt der Regen spülte nach und nach das Salz aus den Böden. So konnten sich Wiesenpflanzen ausbreiten, die wir aus dem Binnenland kennen. Sie vertragen salziges Meerwasser nicht, wachsen aber schneller, so dass sie die ursprüngliche Salzwiesenvegetation nach und nach verdrängten.

Seehund
Foto Brigitte Hüttenmeister

Hier ist der Seehund über den Schlick ins Wasser gerutscht.
Foto Maria Röbbelen

Seehund

Regelmäßig hält sich ein Seehund in der Nähe des Bohlenweges auf. Hier ruht er bei Niedrigwasser und jagt bei Hochwasser nach Fischen und Krebsen. Selbst wenn er gerade nicht zu sehen ist, hat man bei Niedrigwasser gute Chancen, seine Fährte zu entdecken: An Land bewegt er sich vorwärts, indem er sich mit seinen Vorderflossen abstößt und über den Schlick schiebt. Dabei entsteht eine breite Schleppspur, die der Körper hinterlässt. Links und rechts davon sieht man die Abdrücke der Vorderflossen.

2021 hatte der Seehund Nachwuchs.
Foto J. Schwanke

Trotz der Nähe zu den Menschen, die auf dem Bohlenweg spazieren gehen, fühlt sich der Seehund so sicher, dass er hier 2021 sogar mit seinem Nachwuchs ruhte.

Vogelbeobachtungshütte
Foto Bärbel Supper

Vögel

Der Langwarder Groden eignet sich zu allen Jahreszeiten hervorragend zur Beobachtung von Vögeln. Durch die Vielfalt an Lebensräumen finden viele Arten hier Nahrung, Rastplätze und natürlich auch Brutgebiete. Viele Arten kann man vom Weg aus beobachten, ein Fernglas ist dabei hilfreich. Im Westen des Grodens findet man eine Vogelbeobachtungshütte.

Brandgans, Austernfischer und Lachmöwe kann man das ganze Jahr über entdecken.

Brandgans mit Jungen. 
Foto Brigitte Hüttenmeister

Austernfischer, in Vordergrund Steinwälzer und Flussuferläufer.
Foto Brigitte Hüttenmeister

Nur im Frühjahr und Sommer hat die Lachmöwe den typischen schwarzen Kopf.
Foto Brigitte Hüttenmeister

Im Herbst und Winter hat die Lachmöwe nur einen kleinen schwarzen Fleck am sonst weißen Kopf. 
Foto Imke Zwoch.

Wiesenpieper
Foto Brigitte Hüttenmeister

Brutvögel März bis September/Oktober

Vögel während der Brutzeit zu beobachten ist besonders faszinierend: Zunächst singen und balzen sie, etwas später im Jahr füttern sie ihren Nachwuchs und zeigen ihm, wo man Nahrung findet. 

Kaum größer als ein Haussperling ist der Wiesenpieper. Sein Gesang ist recht eintönig und wird am Boden und im Flug vorgetragen. Sein Singflug geht schräg nach oben und dann wieder schräg nach unten.

Feldlerche
Foto Brigitte Hüttenmeister

Die Feldlerche ähnelt dem Wiesenpieper. Manchmal kann man eine kleine Haube am Kopf entdecken, die typisch für sie ist. Vom Wiesenpieper ist die Feldlerche am einfachsten durch den Gesang zu unterscheiden. Beim Singflug „steht“ die Lerche oft hoch oben in der Luft und singt. 

Flussregenpfeifer
Foto Brigitte Hüttenmeister

Sandregenpfeifer
Foto Brigitte Hüttenmeister

Regenpfeiferarten sehen sich sehr ähnlich. Der Flussregenpfeifer hat rosa Beine und einen schwarzen Schnabel, während der Sandregenpfeifer einen gelben Schnabel mit dunkler Spitze und gelbe Beine hat. Der Flussregenpfeifer ist etwas schlanker und kleiner als der häufigere Sandregenpfeifer. 

Zugvögel

Im Frühjahr und Herbst während des Vogelzuges sind im Langwarder Groden besonders viele verschiedene Vögel zu beobachten. Allein während der Zugvogeltage im Oktober 2020 wurden hier und auf angrenzenden Flächen 138 Arten dokumentiert.

Zugvogeltage 2020 Fedderwardersiel
Das Beobachtungsgebiet geht über den Langwarder Groden hinaus, so dass auch Garten- und Waldvögel in der Liste genannt sind.

  1. Höckerschwan
  2. Singschwan
  3. Ringelgans
  4. Kanadagans
  5. Nonnengans (Weißwangengans)
  6. Saatgans
  7. Bläßgans
  8. Graugans
  9. Nilgans
  10. Brandgans
  11. Schnatterente
  12. Pfeifente
  13. Krickente
  14. Stockente
  15. Spielente
  16. Löffelente
  17. Tafelente
  18. Reiherente
  19. Eiderente
  20. Trauerente
  21. Schellente
  22. Mittelsäger
  23. Zwergtaucher
  24. Haubentaucher
  25. Sterntaucher
  26. Prachttaucher
  27. Kormoran
  28. Löffler
  29. Silberreiher
  30. Graureiher
  31. Kornweihe
  32. Rohrweihe
  33. Habicht
  34. Sperber
  35. Seeadler
  36. Rauhfußbussard
  37. Mäusebussard
  38. Merlin
  39. Wanderfalke
  40. Turmfalke
  41. Wasserralle
  42. Teichhuhn
  43. Bläßhuhn
  44. Austernfischer
  45. Säbelschnäbler
  46. Kiebitzregenpfeifer
  47. Goldregenpfeifer
  48. Kiebitz
  49. Sandregenpfeifer
  50. Regenbrachvogel
  51. Großer Brachvogel
  52. Pfuhlschnepfe
  53. Bekassine
  54. Dunkler Wasserläufer
  55. Rotschenkel
  56. Grünschenkel
  57. Kampfläufer
  58. Steinwälzer
  59. Knutt
  60. Sanderling
  61. Alpenstrandläufer
  62. Schmarotzerraubmöwe
  63. Dreizehenmöwe
  64. Lachmöwe
  65. Sturmmöwe
  66. Mantelmöwe
  67. Silbermöwe
  68. Heringsmöwe
  69. Haustaube
  70. Hohltaube
  71. Ringeltaube
  72. Türkentaube
  73. Schleiereule
  74. Waldohreule
  75. Sumpfohreule
  76. Eisvogel
  77. Grünspecht
  78. Buntspecht
  79. Raubwürger
  80. Elster
  81. Eichelhäher
  82. Dohle
  83. Saatkrähe
  84. Rabenkrähe
  85. Kolkrabe
  86. Blaumeise
  87. Kohlmeise
  88. Heidelerche
  89. Feldlerche
  90. Ohrenlerche
  91. Rauchschwalbe
  92. Bartmeise
  93. Schwanzmeise
  94. Zilpzalp
  95. Goldhähnchen-Laubsänger
  96. Gelbbraun-Laubsänger
  97. Mönchsgrasmücke
  98. Gartengrasmücke
  99. Klappergrasmücke
  100. Dorngrasmücke
  101. Wintergoldhähnchen
  102. Sommergoldhähnchen
  103. Zaunkönig
  104. Star
  105. Misteldrossel
  106. Ringdrossel
  107. Amsel
  108. Wacholderdrossel
  109. Singdrossel
  110. Rotdrossel
  111. Braunkehlchen
  112. Schwarzkehlchen
  113. Rotkehlchen
  114. Hausrotschwanz
  115. Gartenrotschwanz
  116. Steinschmätzer
  117. Heckenbraunelle
  118. Haussperling
  119. Heckenbraunelle
  120. Wiesenpieper
  121. Rotkehlpieper
  122. Strandpieper
  123. Gebirgsstelze
  124. Schafstelze
  125. Bachstelze
  126. Buchfinke
  127. Bergfink
  128. Fichtenkreuzschnabel
  129. Grünfink
  130. Stieglitz
  131. Erlenzeisig
  132. Bluthänfling
  133. Berghänfling
  134. Birkenzeisig
  135. Spornammer
  136. Schneeammer
  137. Goldammer
  138. Rohrammer

Pfeifenten sind an ihrer gelben Stirn leicht zu erkennen.
Foto Brigitte Hüttenmeister

Einige der Zugvögel bleiben den ganzen Winter, wenn es mild ist. Strenger Frost oder Schneefall motiviert sie, weiter nach Süden, beispielsweise Südfrankreich, auszuweichen.

Der Großer Brachvogel hat einen besonders langen, nach unten gebogenem Schnabel.
Foto Brigitte Hüttenmeister

Der seltenere Regenbrachvogel hat einen kürzeren Schnabel und einen hellen Scheitel.

Foto Maria Röbbelen

Regenbrachvogel
Foto Brigitte Hüttenmeister

Ohrenlerche
Foto Brigitte Hüttenmeister

Sanderling
Foto Brigitte Hüttenmeister

Schneeammer
Foto Brigitte Hüttenmeister

Abbruchkante
Foto Maria Röbbelen

Geschichteter Boden

An den Abbruchkanten, die immer wieder dort entstehen, wo das Meerwasser an einer Kante vorbeiströmt, kann man erkennen, dass der Boden aus Schichten aufgebaut ist. Jede dieser Schichten ist während einer Sturmflut entstanden. Das aufgewühlte Meerwasser führt dann viele Schwebstoffe mit sich. Sobald das Wasser über der Salzwiese zur Ruhe kommt, lagern sich diese Schwebstoffe ab und bilden eine neue Bodenschicht. So wächst die Salzwiese im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte immer höher auf. Je höher die Salzwiese wächst, um so seltener wird sie überflutet. Das hat Auswirkungen auf die Pflanzen, die dort wachsen können.

Queller

Quellerzone

Queller kann man links und rechts des Steges sehen. Ähnliche Lebensbedingungen mag auch das Schlickgras.

Schlickgras
Foto Maria Röbbelen

Das Schlickgras neigt dazu, in runden Büscheln zu wachsen – Bult nennt der Biologe diese Form. Ursprünglich haben Küstenschützer dies Gras aus England eingeführt, in der Hoffnung die Landgewinnung damit beschleunigen zu können. Statt die Schlickablagerung zu fördert, strömt das Meerwasser um die Bulte mit erhöhter Strömungsgeschwindigkeit und reißen das abgelagerte Sediment wieder weg. Es ist eines der Beispiele, dass Einführen von Arten aus anderen Regionen oft nicht die gewünschte Wirkung zeigt. Die Einführung von Kaninchen in Australien ist vermutlich das bekannteste Beispiel von „Gut gemeint ist nicht gut gemacht“.

Strandflieder
Foto Bärbel Supper

Strandaster
Foto Maria Röbbelen

Andelrasen

Andel ist ein Gras, das von Landwirten geschätzt wird. Es wird vom Vieh gerne gefressen und das Heu enthält viele Mineralstoffe. Es hat der untere Salzwiese den Namen gegeben. Sie wird 100- bis 200-mal im Jahr überflutet wird. Strandflieder und Strandaster fühlen sich hier wohl.

Rotschwingelzone

Strand-Grasnelke
Foto Maria Röbbelen

Strandwermut
Foto Maria Röbbelen

Erhebungen im Vorland hat immer der Mensch geschaffen.
Foto Maria Röbbelen

In der Nähe des Hauptdeiches fällt ein Hügel auf. Nein, es ist keine Wurt. Es ist Teil des abgeschobenen Kleibodens, der bei der Modellierung des Geländes übrig geblieben ist. Er kann später für Deichbau verwendet werden.